Was ist Freinet-Pädagogik?
Freinet hatte nie den Anspruch, eine Pädagogik begründet zu haben. Er hat, wie viele andere Reformpädagogen in den 20er Jahren auch, sich bei Kolleginnen und Kollegen umgesehen und für sich das verwendet, was er brauchen konnte
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Freinet ging davon aus, daß die Kinder lernen wollen! Er geht davon aus, daß es eine Natürliche Methode des Lernens gibt, mit der die Kinder lernen. Wenn ich die Lernunlust der Kinder vermeiden will, muss ich meinen Unterricht ändern. Ich darf das Lernen der Kinder nicht verhindern. Dazu muss ich meinen Unterricht verändern. Das geht nur, wenn wir Lehrer auch bereit sind, uns zu verändern.
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Wir müssen deshalb untersuchen, wo die Interessen der Kinder liegen,
damit wir in der Lage sind, "ihnen das Wort zu geben". Wenn sie nach
ihren Interessen und Fähigkeiten arbeiten können, sind sie sehr bereit
und fähig, den meisten Unterricht selbständig zu gestalten.
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Der Lehrer, die Lehrerin ist dabei vor allem als Hilfe da, nicht als Leiter und Denker. Dafür müssen die LehrerInnen ihren Kopf frei machen für die Interessen der Kinder, dann können sie diese auch berücksichtigen.
Der Lehrer wird zum Lernenden, andere Interaktionsformen
werden möglich. Der Lehrer ist für den Rahmen verantwortlich, lässt
aber Raum, daß die Kinder das Wort ergreifen können.
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Dazu gehört das Forschen und Entdecken der Kinder. Der Lehrer weiß
nicht alles besser, er ermöglicht es den Kindern, eigene Erfahrungen zu
machen und diese anderen zu vermitteln.
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Der Morgenkreis, Klassenrat o.ä. ermöglicht die Findung von Themen
und deren Vorstellung vor der ganzen Klasse.
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Entdeckungen, Arbeitsergebnisse werden anderen mitgeteilt. Dies kann auch geschehen über Wandzeitungen, Klassen- oder Schulzeitungen, Druckereierzeugnisse aus der Schuldruckerei.
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Zur Unterstützung der Arbeit dienen Lexika, Bücher und Arbeitskarteien, die entweder von Schülern selbst angelegt werden oder im
Handel erhältlich sind. Viele Karteien sind auch einfach vom Lehrer
herzustellen.
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Festgelegt werden die Arbeiten im Klassenrat. Festgehalten werden sie
im Wochenplan, den jeder Schüler am Anfang der Woche für sich
gestaltet. Der Wochenplan ist nach seiner Fertigstellung Pflicht.
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Die SchülerInnnen arbeiten allein oder in Gruppen. Dies wird durch die
Arbeitsinhalte bestimmt. Bestimmte Arbeiten an Projekten können auch
länger dauern. Zwischenberichte werden im Klassenrat gegeben. Der
Lehrer ist als Ansprechpartner für Probleme vorhanden.
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Lehrpläne setzen der Freien Arbeit Grenzen, da bestimmte Themen
Pflicht sind. Gleichzeitig geben die Lehrpläne Anstöße für die Themen
der zu bearbeitenden Projekte.
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Bestimmte Inhalte müssen gelernt werden (z.B. Mathematik...) Als
Hilfsmittel dazu dienen u.a. Schulbücher, Arbeitskarteien. Wir unter-
Scheiden dabei Freiarbeit, bei der die Kinder sich wirklich frei ihr
Arbeitsthema auswählen und das oft damit verwechselte "Freie Üben",
bei dem die Kinder aus bestimmten Arbeitsvorgaben ihr Lerntempo
und die Arbeitseinteilung bestimmen können.
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Bestimmte Fächer werden in Epochen unterrichtet, um nicht bis zur
nächsten Unterrichtsstunde eine Woche warten zu müssen. So werden
aus den Fächern Biologie, Erdkunde, Geschichte, GK etc. Einheiten, in
denen in einer Woche etwa 5 Stunden an einem Thema gearbeitet
werden kann. Die Arbeitsergebnisse sind überzeugend.
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Lernen findet statt an direkt vermittelten Erfahrungen, es wird
nicht
didaktisch aufbereitet.
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Das Lernen ist an den Bedürfnissen der SchülerInnen orientiert, wie
auch an den Bedürfnissen des Lehrers.
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Freinet ging davon aus, daß die Klasse als Kooperative zu organisieren
sei. Pädagogische Materialien dienen dabei als Hilfsmittel.
Dies alles ist keine Utopie. Seit etwa 10 Jahren befasse ich mich mit
Freinet-Pädagogik, vor allem in der Hauptschule (Kl.5-9), mit stetig
steigendem Erfolg. Dies alles auszuführen würde allerdings den Rahmen
sprengen. Ich habe mit kleinen Schritten und einzelnen Elementen, wie
dem "Freien Text" (kein Aufsatz), angefangen und immer mehr Teile
hinzugenommen. Kleine Schritte sind besser als ein Sturzflug in die
Resignation. Viel Spaß und Erfolg.
Von Heini Witte-Löffler, Sek.I Lehrer, Mitglied der Päd.Koop. seit
vielen Jahren, aktiv u.a. in einer Lernwerkstatt. Mit freundlicher
Genehmigung der Freinet-Kooperative e.V., Bundesverband von
Freinet-PädagogInnen in Deutschland, Goebenstr.8, 28209
Bremen, Tel. 0421/344929 Fax 3478556
Copyright © 2004 Esther Goldschmidt and Fred Zimmak
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