Besondere pädagogische Akzente

Die körperliche Erziehung und Ausbildung

Die Landerziehungsheime wollten den Körper planmäßig und vielseitig in die Erziehung einbeziehen. So gehörten tägliche Körperübungen wie Wandern und Laufen, Schwimmen, Turnen und Spielen zum Tagesablauf. Sie nahmen täglich ungefähr zwei Stunden in Anspruch.

Im Unterschied zum üblichen Schulturnen waren hier die freien Betätigungsformen der Körperübungen und der Natursport mit einbezogen.

Hermann Lietz verlangte eine "streng hygienische Lebensweise". Den damals neuen medizinischen Erkenntnissen entsprechend sollte auf Alkohol und stark gewürzte Speisen verzichtet werden. Statt dessen wurde Wert auf reichlichen Genuß von Gemüse, Obst, Eiern und ähnlichem gelegt.

Im Tagesplan der Schüler nahm die Arbeit in der Landwirtschaft und Werkstatt ebenfalls einen beträchtlichen Abschnitt ein.

Selbstzucht, Trainingsplan

An die Stelle von Fremderziehung trat die Selbsterziehung. Der Einzele sollte sich selbst etwas abverlangen, um so vor sich und der Gemeinschaft bestehen zu können.

Hahn schuf z.B. einen Trainingsplan, dessen Durchführung jeder Schüler selbst wahrnahm und dessen Erfüllung bzw. Nichterfüllung er selbst registrierte.

Sportliche Leistungen, asketische Übungen und die Befolgung weiterer ungeschriebener Gesetze (z.B. das Nichtabschreiben bei schriftlichen Arbeiten) gehörten zur "asketischen Erziehung" der Landerziehungsheime.

Neben dem staatlichen Reifezeugnis führte Hahn eine „Salemer Beurteilung" " ein. Sie gab Auskunft über die auf allen Gebieten des Salemer Schullebens erreichten Fähigkeiten.

Die "Kapelle"

An jedem Abend der Woche und sonntags früh kam man zu einer "Andacht" zusammen. Hier wurde sich nicht allein auf biblische Texte besonnen, sondern auch auf andere geeignet erscheinende. Die religiöse Erziehung in den verschiedenen Heimen war durch die Persönlichkeit des jeweiligen Leiters geprägt.

"Entfaltung des Musischen"

Das musische Leben mit Singen und Musizieren, Tanz, Gymnastik und Laienspiel entwickelte sich unmittelbar aus dem Leben der Schulgemeinde heraus. So wurden die Landerziehungsheime zu einem ersten Träger einer neuen musischen Bildung, welche Paul Gheeb ausdrücklich in sein Programm aufnahm. Er sah die Aufgabe in der Weiterführung der musischen Bildung der alten griechischen Paideia.

Lehrplangestaltung und Methoden

Der Deutschunterricht bildete den Mittelpunkt des Lehrplans.

Ferner galten für Lietz die Fächerkombinationen des realgymnasialen Lehrplans und er legte das Gewicht auf die neueren Fremdsprachen Englisch und Französisch. Sie sollten praktisch geübt werden für den Gebrauch des täglichen Lebens.

Auf unterrichtsmethodischen Gebiet lassen sich gegenseitige Anregungen zwischen den anderen Strömungen der "Pädagogischen Reformbewegung" feststellen.

So wurde auf die aktive Mitarbeit des Schülers großen Wert gelegt und die gemeinsame Erarbeitung des Bildungsgehaltes von Lehrern und Schülern sollte den Lehrervortrag ablösen.

Um die Einseitigkeit der Fächer zu überwinden, wurden Unterrichtseinheiten gebildet und der Stoff konzentriert.

"Die freie Rede und das Gespräch, die Diskussion und das Debattieren wurden bewußt geübt." (S.136)

Noten sollten eine geringe Rolle spielen - "nicht größer, als sie notwendig erschienen nach den gegebenen Bedingungen".

"Die Freude an der Arbeit, die Überwindung egoistischen und selbstsüchtigen Denkens und Verhaltens, die Erfüllung einer Aufgabe mit Begeisterung und Einsatz der Person erschienen als das immer gegenwärtige Ziel dieser Erziehung" (S.136)



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