Allgemeine erziehungswissenschaftliche und pädagogische Grundlagen der freien allgemeinen Volksschule

Schule besitzt v.a. eine erzieherische Funktion. Sie hat die Aufgabe, den Kindern Kenntnisse und Fertigkeiten zur Selbstbehauptung und zur Mitbeherrschung der Zivilisation zu übermitteln.

Schule sollte eine Erziehungsgemeinschaft sein, in der und durch die ein Mensch seine Individualität zur Persönlichkeit vollenden kann.

Elternschaft und Erzieher sind einmütig durch die "Idee der Erziehung" zusammengeschlossen.

Petersen sieht die Volksschule als "Lebensstätte der Jugend" , die vom Volk gewollt und getragen wird

Verhältnis zu Staat und Gesellschaft

Petersen fordert die Bildung einer "Schulgemeinde" , in der der Schulunterricht der Idee der Erziehung und der Gemeinschaft untergeordnet ist.

Die Schulgemeinde erwartet keinerlei Sonderaufwendungen: Sie dient dem Staat, der als oberste Einheitsveranstaltung der Volksgesellschaft den Rahmen der Schule begrenzt, schützt, unterhält, verwaltet und nationale Belange durchsetzen will.

Die Schulgemeinde folgt den Richtlinien für die Unterrichtsarbeit; sie werden als "pädagogische Richtlinien für zeitgemäße, lebendig bewegte Volksschularbeit" betrachtet. Das heißt: Es gibt keinen "Kampf" um die Schule (z.B. durch Staat, Kirche, parteipolitische Weltanschauungen); weltanschauliche Belange werden von der Erzieherschaft und den Eltern gemeinsam so geordnet, daß "pädagogische Einsicht" und "pädagogischer Verantwortungswille" sich behaupten: Die Erziehungsidee soll "reingehalten" werden. Hauptanliegen und oberste Prämisse von Erziehern und Eltern ist es, dem "Wohl der Kinder" zu dienen.

Erziehung und Erziehungskunst

Erziehung vollbringt am Menschen Vergeistigung, Humanisierung und Persönlichkeitsbildung.

Petersen betont die "kosmische Funktion der Erziehung" ; er geht dabei von einer inneren Selbststeuerung der persönlich-geistigen Entwicklung des Menschen aus, einer Entwicklung im "Einklang mit den Naturgesetzen des Lebens".

Gemeinschaft und Gesellschaft

Gesellschaft:

Eine Gesellschaft ist eine straffe, geschlossene Organisation ("Kampfverband") , entstanden aus äußerem Zwang ("Not des Lebens").

Bei einer Gesellschaft geht es immer um die Befriedigung eines praktischen Bedürfnisses, um dessentwillen diese Sozialform gebildet wurde. Dabei spielen auch immer Machtinteressen eine Rolle.

Die Gesellschaft ist kein Selbstzweck, da sie verfällt und ersetzt werden muss, sobald sie dem Bedürfnis, welches sie entstehen ließ, nicht mehr entsprechend dient.

Gemeinschaft:

Demgegenüber steht die Gemeinschaft, die eine andere Formstruktur, andere Inhalte und andere Ziele als die Gesellschaft aufweist. Haben wir es mit Erziehungswirklichkeit zu tun, so gilt die Idee der Gemeinschaft als letzthin normierende Idee.

Die Innenstruktur der Gemeinschaft besitzt eine freie Dynamik: Einzelmenschen ordnen sich freiwillig einer geistigen Idee unter, die durch einen Führer repräsentiert wird. Der Titel des Führers bedeutet dabei keinerlei soziale Rangordnung.

Eine "Harmonie persönlichen Lebens" , "reine Gesinnung" und ein "edles Tathandeln" kann von jedem Menschen, unabhängig von seinem sozialen Stand und seiner Intelligenzhöhe, erreicht werden.

Ziel ist es, innerhalb seiner individuellen Möglichkeiten zum "Ausgleich seiner Kräfte" zu kommen.

Neben dem Führer, gibt es in einer Gemeinschaft noch den Typus der "Aktiven" und der "Aufnehmenden" . Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein vollkommen festes Gefüge, sondern es findet unaufhörlich eine innere Kräfteverschiebung statt: Die Mitglieder organisieren sich in einer freien Dynamik um eine geistige Idee herum.

Der Mensch ist niemals wie in einer Sozialform nur mittel zum Zweck, sondern stets Selbstzweck. Er wird nie nur zu einem Teil beansprucht - Sein voller Einsatz wird erwartet.

In einer Gemeinschaft sind die Menschen uneigennützig füreinander da und tätig, so dass Räume für zwischenmenschliches Geschehen entstehen.

Erziehungsziele

Die Zukunft, so Petersen, wird von Nöten, Interessen und Kämpfen, neuen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bedingungen bestimmt sein.

Probleme der Zukunft können nur bewältigt werden, wenn es Menschen gibt, die Initiative zeigen, fähig und bereit sind, Lasten auf sich zu nehmen, freundlich, rücksichtsvoll, hilfsbereit und willig sind, sich selber ganz und gar ihrer Aufgabe hinzugeben. Einige müssen bereit sein, mehr zu tun als andere und sollten davon keinen großen Hehl machen.

Das Ergebnis einer solchen Charakterbildung ist der "volksgebundene freie Mensch" , "der Mensch der Polis" , der naturgemäß "in den vielfältigen gesellschaftlichen, politischen und geistigen Ordnungen des Volkslebens steht und in ihnen willig dient, in seinem Stande" .



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