RUDOLF STEINER UND DIE ERSTE WALDORFSCHULE

Die erste Waldorfschule öffnete ihre Tore 1919 in Stuttgart für die Arbeiterkinder der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik.
Vier Wochen zuvor war die Weimarer Verfassung unterzeichnet worden - ein starker Reformwille durchzog die Gesellschaft.

Emil Molt (1876 – 1936), Inhaber der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik, war ein vorausschauender Unternehmer: Er schuf einen der ersten von Arbeitern gewählten Betriebsräte und ließ vor seinen Arbeitern allgemein-bildende Vorträge halten.

Einer der Vortragenden in der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik war Rudolf Steiner (1861 – 1925), der Begründer der Anthroposophie.

Im März 1919 brachte Emil Molt bei einer Betriebsratssitzung, an der auch Steiner teilnahm, seine Idee vor, eine Schule für die Arbeiterkinder zu gründen. Er forderte Rudolf Steiner auf, die Leitung dieser Schule zu übernehmen.

Dieser hatte in Wien vor allem Naturwissenschaften, aber auch Philosophie, Geschichte und deutsche Literatur studiert. Er hatte jahrelang die Herausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes betreut. Nach dem verlorenen Weltkrieg setzte er sich für eine neue soziale Ordnung ein.

Während seiner Studienzeit hatte Rudolf Steiner sich den Lebensunterhalt mit Nachhilfeunterricht verdient. Über Jahre war er Hauslehrer eines schwer lernbehinderten, hydrocephalen Jungen, den er so förderte, dass dieser später das Abitur ablegen und Arzt werden konnte.

Nicht zuletzt seine Bemühungen um die Erziehung und Bildung der ihm anvertrauten Schüler führten Rudolf Steiner zu grundlegenden Einsichten in die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
Auf der Grundlage dieser Entwicklungsgesetzmäßigkeiten begründete er für die Waldorfschule eine ganzheitliche Pädagogik, durch die Leib, Seele und Geist in gleicher Weise gefördert werden. Die ersten Waldorflehrer bildete Rudolf Steiner selbst aus.

Seine erweiterte Menschenerkenntnis fand Eingang in viele Lebensbereiche, so die anthroposophisch orientierte Medizin, die biologisch-dynamische Landwirtschaftsweise, die Kunstformen Eurythmie und Sprachgestaltung...



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